Freundschaft bis zum Tod
Sandy Inderbitzin (35) unterstützt Frauen im Todestrakt in Gatesville/USA. Sie ist vom starken Willen der Gefangenen beeindruckt, fühlt sich aber manchmal hilflos. (mehr …)
Sandy Inderbitzin (35) unterstützt Frauen im Todestrakt in Gatesville/USA. Sie ist vom starken Willen der Gefangenen beeindruckt, fühlt sich aber manchmal hilflos. (mehr …)
Der Drogenkoffer steht offen. Heroin, Kokain, LSD, Amphetamine, Thai-Pillen und Cannabis sind griffbereit. Tobias Wiget zieht sich Plastik-Handschuhe über. Er öffnet eine der Dosen und nimmt eine kleine Plastiktüte mit einem bräunlichen Stoff hervor. „Das ist Heroin. In seiner reinsten Form wäre das Pulver weiss“, erklärt er. Der Schwyzer wird für den Besitz dieser Drogen nicht bestraft. Denn Tobias Wiget, 36, gehört nicht zu den Menschen, die Drogen konsumieren. Er, der 1.86 Meter grosse Polizist mit den breiten Schultern steht auf der anderen Seite. Sein Ziel ist es, das illegale Drogengeschäft zu bekämpfen und damit Dealern und Konsumenten das Handwerk zu legen.
Und dann kommt sie, der Star auf vier Pfoten: Aïka Wind of the Prairies. Die Labradorhündin ist ein Profi auf ihrem Gebiet. Aika wurde von ihrem Führer Tobias Wiget zum Betäubungsmittelspürhund ausgebildet. Er und seine 7-jährige Hündin sind darauf spezialisiert, Betäubungsmittel zu finden. Bereits im Alter von 10 Wochen hatte man mit ihrer Ausbildung begonnen. Aïka wurde dabei minutiös auf ihre späteren Aufgaben vorbereitet. „Sie lernte unter anderem verschiedene Umgebungen wie Strasse, Bus, Zug oder das Milieu kennen“, erklärt der Hundeführer. Dies, damit sie sich später bei der Arbeit auf unterschiedlichem Terrain wohlfühlen würde. Nicht nur die Hündin sondern auch Wiget war bei dieser Ausbildung gefordert. „Meine Aufgabe ist es, die Körpersprache von Aïka lesen zu können. Ich muss wissen, wann sie einen Geruch aufgenommen hat und wann wir einen Suche besser abbrechen. Meine Kollegen von der Kantonspolizei Schwyz müssen sich auf mein Feedback verlassen können.“
220 Millionen Geruchszellen
Aïka ist einer von zwei Betäubungsmittelspürhunden der Kantonspolizei Schwyz. Für diese ist die Hündin ein unverzichtbarer Helfer und ein wichtiges Einsatzmittel. Dank ihres enormen Geruchssinns ist sie in der Lage, geringste Mengen von Drogen aufzuspüren. Aïka besitzt rund 220 Millionen Geruchszellen, während wir Menschen über nur fünf bis sechs Millionen verfügen. Mit anderen Worten: Wenn die Geruchszelle eines Menschen so gross wie eine Briefmarke wäre, würde die Geruchszelle von Aïka der Grösse eines Fussballfeldes entsprechen.
Heroin sofort gefunden
Um die Talente seiner Hündin zu demonstrieren, versteckt Tobias Wiget 1 bis 2 Gramm Heroin auf dem Übungsgelände in einer Halle in Brunnen. Jetzt gilt es ernst. Der Polizist führt seine Hündin auf den Trainingsplatz. Er zeigt ihr das Spielzeug. „Sie weiss, dass sie damit spielen darf, wenn sie mit der Suche fertig ist“, erklärt der verheiratete Vater eines Sohnes. Aïka wartet auf das Kommando ihres Führers, blickt immer wieder zu ihm hoch. „Such“ ruft dieser endlich, worauf die 7-jährige Hündin sofort losrennt. Es dauert nur ein wenige Sekunden, bis sie das versteckte Heroin gefunden hat. Sie sitzt hin und zeigt mit ihrer Schnauze auf den Fund. Der 36-Jährige bestätigt ihren Erfolg. Er lobt Aïka ausführlich, streichelt ihr zärtlich übers Fell. Was dann folgt, ist ein amüsantes und eindrückliches Erlebnis: Die Labradorhündin kriegt ihr Spielzeug, an dem sie sich sofort festbeisst. Sie rüttelt und zerrt mit voller Kraft daran, während Wiget am anderen Ende festhält. Der Spieltrieb und die Freude der Hündin sind unübersehbar. Tobias Wiget strahlt ebenfalls.
Rund 100 Einsätze haben der Vierbeiner und ihr Freund 2014 geleistet. Manchmal wird das Team mitten in der Nacht aufgeboten. Weil Aïkas Fähigkeiten besser als jeder menschliche Suchtrupp sind, ist sie ein unverzichtbares Einsatzmittel. Die Labradorhündin hat schon für zahlreiche Funde und einige Verhaftungen gesorgt. „Im Kanton Schwyz werden mehr Drogen konsumiert als man meint“, sagt Tobias Wiget. Aïka begleitet den Gruppenleiter der Regionalen Bereitschaft aber auch auf Patrouille. Der 36-Jährige hofft, noch lange mit seinem vierbeinigen Partner arbeiten zu dürfen. „Das Wichtigste ist, dass wir beide am Abend gesund nach Hause kommen.“
Jacqueline Schweizer (45) hat sich entschieden, gegen ihren Krebs zu kämpfen. In der Rubrik „Jacqueline kämpft“ werden wir regelmässig über ihren Weg berichten. Heute erzählt sie von einem himmlischen Erlebnis und harten Fakten, mit denen sie konfrontiert wird. (mehr …)
Das heutige „Wort zum Sonntag“ ist einem besonderen Freund, Kevin, gewidmet.
Bedingungslose Liebe.
Seelen, die sich spüren, müssen nichts sein.
Sie sind einfach, echt und verwundbar.
Geborgenheit.
Starke Verbundenheit, immer da gewesen, wird nie reissen.
Weil Liebe stärker als Trennung ist.
Und dann die Nächte, wild und fröhlich.
Den Augenblick auskosten, nur im Jetzt leben.
Und wir lachen.
Und wir tanzen.
Bis der neue Tag erwacht.
Wunderbare, philosophische Gespräche.
Einander vertraut, sich so nah.
Fühlen dürfen ohne Angst.
Umarmen wie Bruder und Schwester.
Zusammen am Lagerfeuer weinen.
Alles darf sein.
Abenteuer in den Bergen.
Grenzenlose Freiheit.
Mit dem Snowboard über die Pisten.
Schreien vor Freude.
Nie gestritten.
Manchmal gelitten, weil einer von uns traurig war.
Die Sonne mit uns.
Unbeschwert wie Kinder sein.
Lebensfreude.
Der Weg ist das Ziel.
Die Kamera immer dabei, all die Momente festgehalten.
Als ob wir wüssten, dass alles anders sein wird, bald.
Reden oft davon, jeden Moment zu geniessen.
Nie bedauern müssen sondern leben dürfen.
Das Leben zu einer Party machen.
Mit dem Bewusstsein, dass Leben jederzeit zu Ende gehen kann.
Im Wissen, dass all das uns nur einer nehmen kann.
Und dann passiert es.
Der Schock sitzt in jedem Knochen.
Will es nicht wahrhaben.
Unfähig zu denken.
Alles ist Gefühl.
Wunden.
Zerrissenheit.
Die Party ist beendet.
Das Licht geht aus.
Die Musik verstummt.
Was bleibt, ein Loch im Herz.
Ein Meer von Tränen.
Sturm und Drang.
Schiff ohne Kapitän.
Driftet auf dem Ozean.
Alles verliert an Farbe.
Bedeutungslosigkeit.
Dumpfe Löcher, überall.
Fallen ohne Fallschirm.
Dunkelheit.
Und dann die Sehnsucht.
Dich noch einmal spüren dürfen.
Deiner Stimme lauschen.
Dich umarmen können.
Adieu sagen dürfen.
Nur einmal.
Inmitten dieser Hoffnungslosigkeit.
Tauchst du auf.
Deine Energie.
Deine Wärme.
Es gibt keinen Zweifel:
Du bist da!
Du hast uns nicht zurück gelassen.
Du bist ein Teil von uns.
Nur getrennt von einem Schleier.
Durch den ich manchmal blicken darf.
Deine Stimme hören.
Schütteln vor Schmerz.
Unfassbar schön und traurig zugleich.
Ein Raum voll Liebe und Deinem Licht.
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Darum suche ich Dich nicht mit Augen.
Die Verstand verstauben.
Sondern fühle und spüre.
Um mit Dir zu sein.
Hast mich in meinen Träumen besucht.
Wenige Tage nachdem du fort gegangen bist.
Mir Botschaften geschickt.
„Es geht mir gut.“
Und so will ich Dir danken.
Dich immer, immer, immer in meinem Herzen behalten.
Erinnerungen sind das Eine, doch du lebst weiter.
Gestärkt von der Liebe, die wir für dich empfinden.
Du bist in unserem Leben präsent.
Mit der gleichen Intensität, mit der du gelebt hast.
Und ich feiere das Leben.
Anders als damals.
Doch mit Dir an der Seite.
Die Hand losgelassen, damit wir frei sein können.
Muss mich nicht an Dich klammern.
Weil Liebe stärker als Tod und Trennung ist.
Die Seelen verbunden sind, wie schon immer.
Für immer.
Jacqueline Schweizer (45) wird nicht mehr gesund. Die Ärzte gaben ihr nur noch wenige Monate zu leben. Doch die zweifache Mutter beschloss, gegen die Krankheit zu kämpfen. Ich werde auf diesem Blog regelmässig unter der Rubrik „Jacqueline kämpft“ über sie und ihren Weg berichten.
„Darmkrebs im Endstadium. Metastasen auf der Leber und in den Lymphdrüsen. Es ist zu spät. Wir können Ihnen nur noch lebensverlängernde Massnahmen anbieten.“ Diese Diagnose erhielt Jacqueline Schweizer im Juni 2013. Die Servicefachfrau aus Brunnen plagten damals kolikartige Schmerzen. Wegen Verdacht auf Gallensteine musste sie darum notfallmässig ins Spital Schwyz. Im Krankenhaus folgte die schlimmste Nachricht, die sie je gehört hatte. Wie nimmt man so eine niederschmetternde Diagnose auf? „Es war krass. Ich lag im Bett, als ein Arzt, eine Assistenzärztin und eine Krankenschwester mir diese Diagnose mitteilten. Ich habe die Bettdecke immer höher gezogen. In diesem Moment kam ich mir vor wie beim Henker, der über mich richtet. Ich weinte und dachte: Scheisse, ich bin doch erst 43! Das kann nicht sein, das lasse ich nicht zu! Ich will noch leben!“
Geflucht und geweint
Jacqueline Schweizer sitzt in ihrer Wohnung in Brunnen, als sie von ihrer Krankheit erzählt. Sie spricht viel und schnell, so, als ob all die Worte und Gefühle, die vielen Eindrücke und Erfahrungen aus ihrem Innern nach aussen dringen müssten. 45 Jahre alt ist die zweifache Mutter und gebürtige Baselbieterin kürzlich geworden. Sie wirkt traurig und nachdenklich, als sie sagt: „Ich hatte nicht viel von meinem Leben. Ich musste extrem viel arbeiten um als allein erziehende Mutter überleben zu können. Ich war noch nie richtig in den Ferien, ich habe immer nur geschuftet.“ Die ersten zwei Wochen habe sie im Spital nachts oft auf der Terrasse geflucht und geweint: „Ich sprach mit dem Herrgott und fragte ihn: Warum eigentlich ich? Ich habe doch niemandem etwas zuleide getan. Wenn es dich da oben gibt, dann schick mir ein Zeichen, warum du ausgerechnet mir Krebs gegeben hast.“
„Ein schöner Tod“
Vorboten der Krankheit gab es aber. Jacqueline Schweizer verlor zu Beginn 2012 plötzlich und unerwartet 16 Kilos an Körpergewicht. Sie litt zudem massiv unter Durchfall. „Weil ich keine Schmerzen hatte, dachte ich, Ärger und der berufliche Stress seien die Ursache dafür.“ Doch es folgten weitere Zeichen, die auf eine Veränderung hin deuteten: „Ich verspürte plötzlich den Wunsch, meinen Ex-Mann und andere Menschen, die ich schon über 10 Jahre nicht mehr getroffen hatte, zu sehen. Ich verstand damals nicht, warum das so war. Heute denke ich, dass mein Unterbewusstsein längst wusste, dass etwas mit mir nicht stimmte.“ 3 Tage vor dem Spitaleintritt träumte die zweifache Mutter von ihrem Tod. „Der Traum war sehr real. Ich lag mit einem Verband um den Kopf in einem Zimmer im Spital Schwyz. Meine Familie war da. Ich wusste, dass ich sterben werde. Und nur einen Tag später träumte ich von meiner Beerdigung“, berichtet Jacqueline Schweizer. Sie habe gezittert, als sie aufgewacht sei. „Doch eigentlich war es ein schöner Tod, weil alle, die ich liebe, bei mir waren.“
Als die Patientin aus Brunnen 2 Tage später im Spital Schwyz von den Krankenschwestern in ihr Zimmer begleitet wurde, glaubte sie ihren Augen nicht zu trauen: Sie befand sich in genau dem Zimmer, von dem sie geträumt hatte, dass sie dort sterben würde. „Ich erkannte das Bild an der Wand sofort wieder. Ich sagte zu den Schwestern, dass ich lieber in einem anderen Zimmer schlafen würde, weil ich hier in meinem Traum gestorben sei. Die Schwestern schauten mich entsetzt an, respektieren jedoch meine Bitte.“
„Wie im Hamsterrad“
An die Stunden nach der schlimmen Diagnose erinnert sich Jacqueline Schweizer nur noch in Bruchstücken. „Ich funktionierte einfach nur noch. Ich fühlte mich wie in einem Hamsterrad, alles hat sich gedreht.“ Sie habe ihre Mutter informiert und sich danach gefragt, wie es mit ihr nun weitergehen solle. „Ich wusste, dass es zwei Möglichkeiten gibt: Entweder ich kämpfe und tue, was mir die Ärzte sagen. Oder ich gebe auf und falle in ein Loch.“ Sie sei ein starker Mensch mit einem weichen Herz. „Ich entschied mich zu kämpfen.“ Später folgte das Gespräch mit dem Onkologen. „Wie lange hat sie noch zu leben?“, fragte die Mutter der Patientin. „Ich weiss nicht, ob sie Weihnachten noch erleben wird“, antwortete dieser.
„Ich bin eine Kämpferin“
Der unbändige Wille und die Entschlossenheit von Jacqueline Schweizer aber zeigen eindrücklich, was möglich ist, wenn man die richtige Einstellung zur Krankheit hat. 3 Tage nach dem Austausch mit dem Krebsspezialisten wurde ihr ein Portkatheter gelegt, um so über diesen Zugang die Medikamente verabreichen zu können. Inzwischen hat die zweifache Mutter und zweifache Grossmutter 36 Chemotherapien hinter sich. Die Ableger auf der Leber sind um die Hälfte geschrumpft. Doch die starken Chemotherapien schwächen den Körper: „Ich bin oft müde und kaputt. Manchmal frage ich mich, warum ich das tue. Doch ich war schon immer eine Kämpferin, das habe ich einfach im Blut“, sagt sie. Trotz all dieser Strapazen gehe es ihr aber dem Umständen entsprechend gut. „Ich weiss, dass ich todkrank bin, doch ich fühle mich nicht so. Mir ist bewusst, dass ich an dieser Krankheit sterben werde. Solange ich jedoch meinen Haushalt allein machen kann, bin ich zufrieden.“
Jacqueline Schweizer sagt, dass sie im Spital Schwyz ein zweites Zuhause gefunden habe. „Dank Anita Mathis von der Krebsliga Zentralschweiz Beratungsstelle Schwyz geht es mir heute so gut. Sie war für mich da, als ich grosse Ängste hatte. Sie hat mir enorm geholfen und viel Kraft gegeben.“ Auch Onkologe Beat Bühlerhabe sie immer unterstützt und motiviert, weiter zu kämpfen. „Ich danke dem Spitalpersonal herzlich für die Unterstützung.“ Grosse Ansprüche ans Leben stellt die 45-Jährige nicht. Ihr grösster Wunsch ist es, die Hochzeit ihrer Tochter miterleben zu dürfen. „Ansonsten bin ich wunschlos glücklich.“
Belastende Ungewissheit
Auf die Frage, warum Gott sie sich für diese Erfahrungen ausgesucht hat, bekam Jacqueline Schweizer inzwischen eine Antwort. „Er gab mir diese Krankheit, damit sich meine Familie wieder näher kommt. Das ist meine Aufgabe“, ist die 45-Jährige überzeugt. Die Ungewissheit, wie lange sie noch leben darf und wie ihr Leben enden wird, beschäftigt die ehemalige Servicefachfrau. „Ich frage mich, ob ich 50 Jahre alt werde. Doch dann sage ich mir jeweils wieder, dass solche Gedanken nicht hilfreich sind. Ich mache mich nur verrückt damit. Ich will jetzt leben.“
Hinweis: Dieses Gespräch ist dank Mithilfe der Krebsliga Zentralschweiz zustande gekommen. Weitere Informationen unter www.krebsliga.info
*Erfolgreich integriert: Nadjuschka Homjakova, 55, Lehrerin und Artistin, Immensee
Nadjuschka Homjakova (55) lebte ein aufregendes Leben als Zirkusartistin. Die Russin verrät, wie Wünsche wahr werden können.
Magische Momente durfte Nadjuschka Homjakova viele erleben. Ihre Augen leuchten, wenn sie von dieser Zeit erzählt. 15 Jahre lang hatte die russische Artistin aus Moskau im Zirkus gearbeitet. Schon als Mädchen wünschte sie sich, Zirkusartistin zu werden. „Ich glaubte damals, dass ich es nicht schaffen würde, weil ich aus keiner Zirkus-Dynastie komme. Doch wenn ein Wunsch fest in deinem Kopf und deiner Seele verankert ist, wird er in Erfüllung gehen“, ist die 55-Jährige überzeugt.
„Ein riesiges Geschenk“
Erst studierte sie in Moskau Philologie und Literatur, später entdeckte sie die Pantomime. Im Alter von 18 Jahren meldete sie sich bei der Moskauer Zirkusschule an. Das Aufnahmeverfahren war sehr schwierig, denn nur 35 der insgesamt 3000 angemeldeten Personen würden einen Platz in der Schule kriegen. Doch sie sollte es schaffen. „Ich hatte grosses Glück. Für mich war diese Chance ein riesiges Geschenk“, sagt Nadjuschka Homjakova. Es folgten 4 Jahre harte, intensive Ausbildung in Akrobatik, Choreographie, Jonglage, Gymnastik und Pantomime. „Ich habe gezeigt, was ich konnte. Der Zirkus hat mich stark gemacht. Ich habe dort Disziplin gelernt und viel Selbstbewusstsein gewonnen“, erklärt sie. Später durfte sie mit dem Zirkus Revue auf Welttournee gehen und viele Länder bereisen. „Der Zirkus hat eine magische Anziehung. Du fühlst die besondere Atmosphäre, du hörst den Applaus. Du weisst dass du vielen Menschen eine Freude machen kannst. Das ist ein wunderschönes Gefühl“, schwärmt sie.
Heute lebt Nadjuschka Homjakova ein ruhigeres Leben, weit weg vom Scheinwerferlicht und Manege. Vor 20 Jahren ist sie zusammen mit ihrem Ex-Mann in die Schweiz gekommen. In Immensee geniesst sie die Stille und die Natur. Hier, direkt am See, unterrichtet die Mutter einer erwachsenen Tochter ihre Schülerinnen und Schüler in Russisch. „Ich fühle mich in der Schweiz sehr gut. Natürlich haben die Schweizer andere Mentalitäten als wir Russen. Ich finde diese Unterschiede sehr spannend, weil ich so immer wieder Neues entdecken darf“, sagt die langjährige Zirkusartistin. Sie werde die Schweiz niemals kritisieren, weil es viel wichtiger sei, sich auf die Stärken und das Schöne zu fokussieren. „Hier in der Schweiz finde ich Harmonie und menschliche Wärme. Meine Wurzeln aber sind wohl überall. Das ist mir von der Zeit im Zirkus geblieben.“
„Russland braucht einen starken Mann“
Auch das Schweizer Politik-System schätzt die Russin. „Die Schweiz ist eines von wenigen Ländern, das nie Krieg geführt hat. Hier kann man sagen, was man denkt, und muss keine Angst vor Konsequenzen haben. Ich fühle mich in der Schweiz sehr sicher.“ In Russland sei dies anders. Viele Menschen würden unter Armut leiden und hätten keine Chance, ihre Situation zu verbessern. Fragt man die Russin nach Wladimir Putin, bleibt sie vorsichtig. Nicht die Politik, sondern die Kunst sei das, was sie wirklich interessiere. „Wenn ich aber in Russland bin, höre ich von meinen Verwandten, dass Putin sehr viel Gutes bewirkt hat. Natürlich macht er auch Fehler. Doch ich denke, dass Russland einen starken, intelligenten Mann braucht, der auch kämpfen kann.“ Inzwischen, so gesteht die erfahrene Zirkusartistin, habe sich in Russland vieles verändert, sodass ihre frühere Heimat auch für sie wie ein neues Land sei. Manchmal aber vermisse sie in der Schweiz die Leichtigkeit, die sie noch von der früheren Sowjetunion kenne. „Die Russen leben mehr nach ihrem Gefühl, während die Schweizer mehr denken und überlegen. Es gibt hier in der Schweiz so viele Regeln, die eingehalten werden müssen. Manchmal frage ich mich, wieso man gewisse Sachen nur auf eine Art und Weise und nicht auch anders machen kann.“
Nadjuschka Homjakova arbeitet mit verschiedenen Privatschulen zusammen und bildet die Lernfähigkeit der Kinder mit Pantomine, Jonglage und Koordinationsübungen aus. „Ich stelle fest, dass zahlreiche Kinder von Computer und Internet negativ beeinflusst werden. Sie sind sehr gestresst und haben Mühe mit dem Leistungsdruck.“ Das führe dazu, dass viele Schüler Probleme mit der Motorik oder der Sprache hätten. „Ich wünsche mir, dass die Kinder in Bewegung bleiben und sich wieder für die Natur begeistern können. Wir sollten darüber nachdenken, was für unsere Kinder wirklich wichtig ist.“
*Serie “Erfolgreich integriert”
Integration schafft kleine Schritte in Richtung Chancengleichheit. Auch im Kanton Schwyz gibt es zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass Integration gelungen ist. Der „Bote der Urschweiz“ stellt darum in seiner Serie „Erfolgreich integriert“ Menschen verschiedener Nationalitäten und Kulturen vor, die eingebürgert wurden. Sie erzählen, was sie dazu bewogen hat, ihre Heimat zu verlassen, und wie sie sich in der Schweiz fühlen.
Die Russin Nadjuschka Homjakova lebt seit 20 Jahren in der Schweiz. Im Oktober 2014 wurde sie erleichtert eingebürgert. „Ich habe mich vom ersten Tag an gut integriert. Ich halte es für sehr wichtig, die Sprache zu lernen. Am Anfang, als ich noch kein Deutsch konnte, habe ich viel gelacht und via Körpersprache kommuniziert“, erzählt die 55-Jährige. Sie rät Personen in einer ähnlichen Situation, neugierig zu sein und auf andere Menschen zuzugehen. „Es geht darum, interessiert am Gegenüber zu sein und positive Stimmung zu verbreiten. So wird die Integration schnell gelingen.“
Weitere Informationen zu Nadjuschka Homjakova und ihrer Russischen Sprachschule unter www.russisch-zentralschweiz.ch
*Erfolgreich integriert: Saadia Da Cruz, 48, Fachfrau Gesundheit, Steinen
Saadia Da Cruz (48) liebt Chilbi und jodelt an Festen. Die Marokkanerin musste in der Schweiz aber auch kämpfen – vor allem wegen der Religionszugehörigkeit ihrer Familie. (mehr …)
*Erfolgreich integriert: Detlef Drygala, 65, Rentner, Seewen/SZ
Schon als Primarschüler träumte Detlef Drygala (65) davon, in die Schweiz auszuwandern. Die Ankunft in der Schweiz war aber mit Aufwand verbunden. (mehr …)
Persönlich:
Porträts: