„Ich bin mehr Schweizer als Deutscher“
*Erfolgreich integriert: Detlef Drygala, 65, Rentner, Seewen/SZ
Schon als Primarschüler träumte Detlef Drygala (65) davon, in die Schweiz auszuwandern. Die Ankunft in der Schweiz war aber mit Aufwand verbunden.
„Als Kind bin ich mit meinen Eltern auf einer Reise nach Spanien durch die Schweiz gefahren. Die Landschaft hier hat mir schon damals wahnsinnig gefallen. Später mussten wir in der Schule einen Aufsatz über unsere Ferien schreiben. Ich schrieb, dass ich später gerne in der Schweiz arbeiten würde“, sagt Detlef Drygala. Die Liebe zur Schweiz ist bis heute geblieben. Der gebürtige Deutsche lebt seit 45 Jahren hier, davon 40 Jahre in Seewen. Fragt man ihn nach seiner neuen Heimat, kommt er in‘s Schwärmen: „Es ist wunderschön hier. Die Berge und Seen faszinieren mich. Für mich ist alles positiv“, sagt der
65-Jährige. Er habe viele Schweizer Freunde gefunden und geniesse es, sich mit ihnen auszutauschen.
Unfall mit Folgen
Die Ankunft in der Schweiz war für den Deutschen aus dem Ruhrgebiet ein spezielles Erlebnis. „Ich bin im Dezember 1969 nach Pontresina gekommen. Auf dem Julierpass musste ich meine Pneus wechseln und Schneeketten montieren. Zwei Tage später verunfallte ich, weil ich mich nicht gewöhnt war, mit Schneeketten zu fahren. Die Autoreparatur hat mehr gekostet, als ich während der gesamten Wintersaison verdient habe“, erzählt er lachend. Der heutige Rentner war ausgebildeter Koch und Kellner und arbeitet damals im Schlosshotel Pontresina. Danach war er im Tessin und später in Savognin tätig, wo er seine Frau, die gebürtige Italienerin Margrit Fanchini, kennenlernte. Der Liebe wegen zog Drygala später nach Seewen, das Paar heiratete im März 1974. Drygala war später während über 33 Jahren in der Küche des Spitals Schwyz, zuletzt als Vizeküchenchef, tätig. „Kochen war für mich kein Beruf, sondern mein Hobby“, erklärt er.
Die Konflikte zwischen Schweizern und Deutschen hält Detlef Drygala mehr für ein Klischee als Tatsache: „Das Ganze wir oft aufgebauscht. Man macht aus einer Mücke einen Elefanten. In meinem Augen gibt es zwischen Schweizern und Deutschen keine markanten Unterschiede. Alle sind gestresst, arbeitswillig und pünktlich.“ Er selber habe nie Rassismus erfahren und sei von Anfang an akzeptiert worden. „Damit eine Integration gelingen kann, muss man auch selber etwas dazu beitragen. Natürlich habe ich mich angepasst. Ich denke, dass es auch wichtig ist, freundlich zu sein und die Menschen nicht von oben herab zu behandeln. Dank meines Charakters musste ich mir dabei aber keine grosse Mühe geben.“ Wichtig sei zudem, dass man auf sich selber achte und sein Leben so gestalte, dass es einem wohl sei. „Beruflich musste ich mich aber schon durchsetzen, damit ich vorwärts gekommen bin.“
„Ich fühle mich pudelwohl“
Früher, so erzählt der Renter, sei er sehr gesellig gewesen. „Heute bin ich gerne daheim oder in der Natur.“ Auch der Wechsel in den neuen Lebensabschnitt, die Pension, sei problemlos verlaufen. „Ich möchte nie einer dieser Rentner sein, die nie Zeit haben“, meint er nachdenklich. Sein Ziel sei, seine noch verbleibenden Jahre zufrieden und harmonisch zu verbringen. „Ich möchte mit meiner Frau noch ein paar schöne Jahre geniessen. Für mich stimmt alles. Ich fühle mich pudelwohl und würde es wieder so machen.“
*Serie „Erfolgreich integriert“
Integration schafft kleine Schritte in Richtung Chancengleichheit. Auch im Kanton Schwyz gibt es zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass Integration gelungen ist. Der „Bote der Urschweiz“ stellt darum in seiner Serie „Erfolgreich integriert“ Menschen verschiedener Nationalitäten und Kulturen vor, die eingebürgert wurden. Sie erzählen, was sie dazu bewogen hat, ihre Heimat zu verlassen, und wie sie sich in der Schweiz fühlen.
Detlef Drygala wurde 2008 erleichtert eingebürgert. „Eigentlich hätte ich mich gern schon viel früher einbürgern lassen. Die Schweizer hätten mich bestimmt aufgenommen. Doch ich war damals nicht bereit, weil ich meinen deutschen Pass hätte abgeben müssen“, sagt der 65-Jährige. Die Einbürgerung sei unproblematisch verlaufen. „Heimat ist für mich da, wo ich mich wohl fühle und wo meine Freunde leben. Meine Wurzeln spüre ich hier in der Schweiz. Zuhause in Deutschland habe ich ausser meinem Bruder niemanden mehr. Darum bin ich inzwischen mehr Schweizer als Deutscher.“